Sonntag, 28. Dezember 2014

Und ich dachte immer, die undemokratischen Böslinge säßen bloß im Norden!

Man lernt heute aber immer was dazu:
Südkoreas Verfassungsgericht hat die Auflösung einer kleinen Oppositionspartei verfügt, der Unterstützung für das kommunistische Regime in Nordkorea vorgeworfen wird. Das Gericht gab am Freitag einem Verbotsantrag der Regierung unter der konservativen Präsidentin Park Geun Hye statt.

Die Vereinigte Progressive Partei (UPP) habe durch ihr Programm die Ideologie Nordkoreas gestützt und die „demokratische Grundordnung“ Südkoreas bedroht, hieß es in der Entscheidung. Für das Verbot stimmten acht von neun Richtern.

Außerdem verloren die fünf Abgeordnete der links außen stehenden Partei ihr Mandat.
... schrieb vor einigen Tagen das »Handelsblatt«. Demokratische Grundordnung nennt sich das also — so, so ...

6 Kommentare:

Volker hat gesagt…

Mit 9 Jahren wurde der Täter noch bevorzugt bedient. Andere Nordkorea-Fans schon 30 Jahre im Knast zugebracht.
Das ist die eine Seite.

Es gibt aber auch eine andere.
Das ist nun mal so im Krieg, dass das Kriegsgericht entscheidet, dessen Urteile naturgemäß brutal sind. Aber leider geht es nicht anders.
Wie das ausgeht, wenn man den Feinden das Feld kampflos überlässt, erleben wir hier und heute.
Ist erst mal die Schamgrenze gefallen, gibt es kein Halten mehr. Dann wird die kommunistische Barbarei dort genauso gefeiert hier die Islambarbarei. Dann dürfen Abweichler nicht mehr reden, weil Nordkoreaphobie eine große Sünde ist. Dann … was rede ich, ist ja alles bekannt.

Deshalb
Ein paar Perverslinge im Knast ist nicht schön und irgendwie ein Verstoß gegen die reine Lehre. Aber das ist immer noch besser, wenn das ganz Volk in Geiselhaft genommen wird für die Lichte Zukunft des Kommunismus.
Und genaugenommen wollen die Arschgeigen doch nichts anderes. In der realen Welt bewegen die nichts, lassen wir ihnen die Freud über ihr Märtyrertum und das Bewusstsein ihrer ach so überlegenen moralischen Überlegenheit.

Le Penseur hat gesagt…

Cher Volker,

»Im Krieg«? Seit Jahrzehnten herrscht in Korea schon Waffenstillstand! Das mag rein völkerrechtlich noch als »Krieg« gelten, aber ist es de facto genauso wenig, wie zwischen Frankreich und Deutschland Krieg herrscht (auch da gibt's ja seit 1945 noch keinen Friedensvertrag).

Und nein, es geht mir nicht um die »reine Lehre«, sondern um die Heuchelei dessen, was man bei uns so vollmundig als »Demokratie« inszeniert. Nordkorea ist eine kommunistische Diktatur, Südkorea dagegen ist eine von US-Machtklüngeln ferngesteuerte, kommunistenfeindliche Fast-Diktatur mit ein paar demokratisch aussehenden Dekorationselementen.

Mir ist schon klar, in welchem dem beiden Systeme ich trotzdem immer noch lieber leben würde (ich muß es, Gott sei Dank, in keinem von beiden!) — aber die Tatsache, daß auch Südkorea ein im Grunde diktatorisches Regime ist, darf und muß offen benannt werden.

Wenn das bereits als offenbar dem Elfenbeiturm entstammende »reine Lehre« verunglimpft wird, dann können wir freilich jeden Gedanken an Demokratie (und Rechtsstaatlichkeit) getrost vergessen!

Volker hat gesagt…

"Seit Jahrzehnten herrscht in Korea schon Waffenstillstand! Das mag rein völkerrechtlich noch als »Krieg« gelten, aber ist es de facto genauso wenig, wie zwischen Frankreich und Deutschland Krieg herrscht (auch da gibt's ja seit 1945 noch keinen Friedensvertrag)"

Sie wissen aber schon, dass da ein paar Unterschiede sind?

Zwischen Deutschland und Frankreich können die Menschen frei und unbehindert ein- und ausreisen. Nicht mal einen Pass muss man vorzeigen.
Es wäre mir neu, dass es zwischen Nord- und Südkorea ähnlich locker zuginge.

Mir ist auch nicht bekannt, dass Frankreich Deutschland mit Atomkrieg und Auslöschung droht. Oder habe ich was verpasst?

Kann ja sein, dass Frankreich in der Nordsee mit der deutschen Flotte Schiffeversenken spielt. Nur habe ich davon noch nie was gehört.
Sie?

Genauso wie ich noch nie was davon gehört habe, dass Frankreich schon mal mit einem U-Boot Kampftruppen an der deutschen Küste abgesetzt hätte.
Kennen Sie so einen Fall?

Gräbt Frankreich unter der Grenze Tunnel mit der Absicht, bei einem Angriffskrieg die Truppen dort von Deutschland unbemerkt und erst mal unangreifbar ins deutsche Staatsterritorium zu bringen?

Und … Sie wissen selbst, dass man diese Aufzählung noch eine Weile fortsetzen könnte.

In der korrupten Südkoreanischen Mischpoke ist nicht alles Gold was glänzt, darüber müssen wir nicht reden.
Aber erstens bietet Südkorea den Bürgern einen hohen materiellen Lebensstandard und für asiatische Verhältnisse viele bürgerliche Rechte und Freiheiten.
Und zweitens das ändert nichts daran, dass eine Gleich-, oder von mir aus Ähnlichsetzung (gibt es das Wort überhaupt?), des Verhältnisses von Nord- zu Südkorea mit dem Verhältnis von Deutschland zu Frankreich nicht gerade praxisnah ist.


"Südkorea dagegen ist eine von US-Machtklüngeln ferngesteuerte, kommunistenfeindliche Fast-Diktatur mit ein paar demokratisch aussehenden Dekorationselementen."

Na ja.

Die "Fast-Diktatur" ist richtig und falsch.
Richtig nach unseren Begriffen, da beißt die Maus kein´ Faden ab.
Falsch, weil die in Ostasien sich gar nichts anderes vorstellen können. Südkorea ist genauso demokratisch/fastdiktatorisch wie Japan, Singapur, Taiwan – allesamt Wohlstandsstaaten mit hoher Akzeptanz in der Bevölkerung.

Natürlich gibt es Einflusssphären.
Aber das ändert nichts daran, dass Südkorea seinen Wohlstand und seine Freiheit der Militärpräsenz der USA verdankt.
Oder glauben Sie, die hätten ohne US-Hilfe den Korea-Krieg überstanden?

Das hat mehr mit koreanischem Nationalismus (der sich vom Rassismus nur wenig unterscheidet) als mit höheren philosophischen Theorien zu tun, jedenfalls sind die USA in Südkorea ziemlich schlecht angesehen.
Als Anscheins-Ami steht man gelegentlich vor der verschlossenen Tür, die sich auf mirakulöse Weise öffnet, sobald man sich als Nicht-Ami outet.
Die Zeitungen (die englischsprachigen natürlich, die Eingeborenensprache habe ich gar nicht erst versucht zu begreifen) behandeln die US-Army wie lästige Besatzer, die man hoffentlich bald los wird.
Die USA allgemein und die US-Army im Land werden in den südkoreanischen Medien bedeutend kritischer betrachtet als hier der Frieden, der Islam.
Ferngesteuert sieht anders aus.

Es gibt keinen perfekten Staat und keinen perfekten Zustand. Auch nicht in Korea.
Aber den Leuten in Südkorea geht es gut. Warum das in Frage stellen?
Auch wenn es abgedroschen ist: Wehret den Anfängen.
Die Lichte Zukunft des Kommunismus ist in Südkorea zurzeit noch ein Projekt der Bekloppten. Sie wissen selbst was losgeht, wenn sich neben den Arschlöchern die Raffkes der Sache annehmen. Dann kriegt man das nicht mehr in den Griff.
Deshalb lieber die Märtyrer in den Knast, bevor sich das ausbreitet.

Dem Verdikt "kommunistenfeindlich" will ich gar nicht erst widersprechen. Das ist so peinlich, dass es Ihnen wahrscheinlich schon jetzt leid tut.

Le Penseur hat gesagt…

Sicher gibt's Unterschiede — nur der »Krieg« zwischen Nord- und Südkorea ist seit Jahrzehnten ein seeeehr kalter. Einer, in dem die Waffen längst stillstehen.

Welchen »Anfängen« Sie wehren wollen in Bezug auf Nordkorea, erschließt sich mir nicht ganz. Glauben Sie im Ernst, die besetzen demnächst Sürdkorea und machen dann auf ostasiatische Großmacht?

In Südkorea war die kommunistische Partei stets nur eine unbedeutende Minderheitspartei, genau so wie auch in Österreich oder in der Schweiz (ja, selbst in der Schweiz saß sie jahrelang im Nationalrat). Ich hatte weder in Österreich noch in der Schweiz das Gefühl, daß die Präsenz von ein paar Kommunisten im Parlament das Staatsganze unterhöhlt hätte.

Was Korea da macht war schlicht ein Willkürakt der Herrschenden: wir bestimmen, wer bei uns Opposition (und wäre sie noch so chancenlos!) machen darf.

Das ist dasselbe Paar Schuhe wie die Verweigerung des Demonstrationsrechtes für Andersdenkende, wie sie in Deutschland gang und gäbe ist.

Dagegen bin ich allergisch. Nicht, weil ich etwa nicht sähe, daß es keine echte Oppositionsparteien in Nordkorea gibt, und kein Demonstrationsrecht. Ob Sie's glauben oder nicht: das fällt sogar mir auf!

Aber weil ich die hinter Vorwänden (wie z.B. »wehret den Anfängen!«) getarnte Heuchelei unserer Machthaber zum Kotzen finde.

Le Penseur hat gesagt…

Und, à propos »kommunistenfeindlich« — was sollte mir daran, diese lupenrein belegbare Bezeichnung verwendet zu haben, leidtun?

Volker hat gesagt…

Das kann man jetzt bis zum Exzess diskutieren und kommt trotzdem zu keinem Ergebnis.

Zum Beispiel geht meiner Meinung nach der Hinweis auf die Kommunistische Partei fehl. Die ist in Südkorea so schwach wie damals die DPK in Deutschland. Die Vereinigte Progressive Partei hat wohl (wie der Name schon sagt) mehr Gemeinsamkeiten mit den Progressiven, den Jusos, den K-Gruppen und all den anderen im Marsch durch die Institutionen vereinten.

Es gibt nur wenige Schießereien am 37. Breitengrad. Aber das ist eben kein Frieden, sondern nur wenig Krieg.

Die Leute in der Gegend ticken sowieso ein wenig anders als wir, deshalb kann man sich mit der Anwendung unserer Begriffe auf diese Gegend ziemlich schnell verlaufen.
Aber selbst wenn man das rausrechnet, Nordkorea ist extrem irrational.

Seit Jahrzehnten versucht Südkorea mit denen ins Gespräch zu kommen (Sonnenscheinpolitik). Das ist kein Getue, das ist ernst gemeint, ich verweise noch mal auf den koreanischen Nationalismus. Kim Dae Jung hatte in seinem Leben so einiges erlebt, in allen Wassern gewaschen. Aber als er im Jahr 2000 nach Norden gereist ist, sind ihm dort vor Rührung die Tränen gekommen. Das war keine Schauspielerei, die sind so.
Südkorea will sich mit dem verlorenen Landesteil wiedervereinigen, die Amis rausschmeißen und sich dann als kleiner Tiger im Windschatten des Reichs der Mitte einrichten (da spielen auch alte Feindschaften mit Japan eine Rolle). Das ist der Masterplan, der ja gar nicht mal so dumm ist.
Nur, es geht einfach nicht mit diesen Wahnsinnigen im Norden.

Da soll Südkorea die fünfte Kolonne der Bekloppten erdulden?
Das wäre Selbstmord. Nicht die eine "Progressive Partei", die wird allein nichts reißen. Aber wenn der Staat so was einmal durchgehen lässt, wuchert das Krebsgeschwür. Und dort geht es nicht um intellektuelle Fingerhakeleien, sondern im Leben und Tod.

+

Ich habe ja normalerweise eine extreme Abneigung gegen Redeverbote. Das ist einfach plump. Und in den meisten Fällen ist das Redeverbot das Mittel der Wahl, die Lüge zu befördern. Das muss nicht sein.

Nur in diesem speziellen Fall hat eben jeder seine Meinung, die sich vermutlich nicht ändern wird.

Wenn wir schon mal bei Redeverboten sind
Das wird ja gerade in dem von Ihnen so geschätzten Propagandaportal ausgiebig praktiziert. Logischerweise, die (ich drücke mich jetzt extrem zurückhaltend aus) Propagandaschweine müssen ihre Lügen mit der Redeverbotskeule absichern. Anders geht es nicht.
In diesem Kontext ist das auch nicht ganz stringent, wenn Sie diese ohne existenzielle Bedrohung praktizierten und nach bürgerlich/liberalen Kriterien sowieso nicht zu begründenden Redeverbote verblogrollen.
Wollte ich nur mal fallenlassen, ohne dass das zu einer Endlosdiskussion führen soll.