Montag, 7. April 2014

Herr Köhlmeier

... fühlt sich bemüßigt, gegen den EU-Abgeordneten Andreas Mölzer (FPÖ) Anzeige bei der Staatsanwaltschaft wegen »Verhetzung« einzubringen und fordert dazu auf, dies in Form einer Sammelanzeige von möglichst vielen Unterstützungsunterschriften zu betreiben. Nun ist es ja so, daß eine — hinreichend fundierte — Anzeige auch nur einer Person in einem Rechtsstaat ausreichen müßte, behörliche Ermittlungen zu induzieren, sodaß eine »Sammelanzeige« nur den Sinn haben kann, darzutun
1. daß Österreich kein Rechtsstaat ist — mit anderen Worten daß objektiv gerechtfertigte Anzeigen von den Staatsanwaltschaften rechtswidrigerweise einfach unbearbeitet bleiben, und/oder
2. daß die Staatsanwaltschaft in der objektiven Beurteilung strafbarer (oder eben nicht strafbarer) Sachverhalte durch eine öffentliche Kampagne unter Druck gesetzt werden soll.

Beide Varianten sind nicht unbedingt Anlaß zu Freude. Ersteres wäre die Bankrotterklärung für unseren Rechtsstaat, zweiteres wäre der fließende Übergang zur Lynchjustiz.

Nun ist es ja nicht so, daß unser Rechtsstaat auf so besonders festen Beinen stünde — viel zu oft haben SPÖVP-nahe Staatsanwälte (und es gibt hierzulande de facto nur solche) Ermittlungen gegen SPÖVP-Funktionäre und -günstlinge ausgesprochen ... sagen wir mal: »un-engagiert« vorangetrieben, wobei sie bisweilen von der Verjährung im Nachdenken, ob die Suppe, die sie nicht löffeln wollten, jetzt zu dünn sei oder nicht, überrascht wurden und dann leider, leider die Ermittlungen einzustellen hatten. Derlei ist aber bei der SPÖVP-nahen Staatsanwaltschaft gegenüber einem FPÖ-Politiker aber ohnehin nicht zu befürchten. 

Bleibt also wohl nur Variante zwei: offenbar hat Köhlmeier Angst, daß sein Verhetzungsvorwurf ohne breite mediale Sympatisantenfront nicht einmal von den Bütteln unserer Gesinnungsjustiz, die — mit Gummiparagraphen bestens ausgestattet — schon jetzt die verfassungsmäßig garantierte Freiheit der Meinungsäußerung zur Farce macht, ernstgenommen werden könnte. Also will er maximalen Druck auf die Justiz machen.

Interessant in diesem Zusammenhang natürlich, welche Anlässe Herr Köhlmeier wichtig genug sind, Druck auf die Justiz auszuüben. Als beispielsweise in Graz Einrichtungen der ( SPÖ-nahe verwalteten) städtischen Jugendämter wegen massiver Vergewaltigungsfälle geschlossen werden mußten, und die Staatsanwaltschaft die Strafverfolgung recht zögerlich aufnahm (oder bessergesagt: faktisch nicht aufnahm), war das für ihn natürlich kein Anlaß, zu einer Sammelanzeige aufzurufen. 

Als ebensolche — jahrzehntelang betriebene und noch »jahrzehntelänger« gezielt verschwiegene — Mißbrauchsskandale in (natürlich knall-rot geführten) städtischen Kinderheimen Wiens nicht mehr unter den Teppich zu kehren waren, dann aber leider, leider fast sämtliche Unterlagen irrtümlich vernichtet worden waren, sodaß die rote Staatsanwaltschaft Wiens zu ihrem großen Bedauern nicht mehr ermitteln konnte, war das für Herrn Köhlmeier ebenso kein Grund, eine Sammelanzeige zu lancieren.

Herr Köhlmeier ist alt genug, um sich noch des AKH-Skandals, der Noricum-Skandals, des Lucona-Skandals und diverser anderer Skandale im roten Dunstkreis zu entsinnen — doch fühlte er sich von SPÖ-Finanzierung, Großkorruption, Morden, Versicherungsbetrug und dergleichen Quisquilien offenbar nicht annähernd so sehr in seinem gesunden Rechtsempfinden gestört, wie bspw. vom Wort »Negerkonglomerat«. Denn wenn jemand in einer Diskussion dieses Wort verwendet, oder gar den Bürokratie-Aberwitz der EU mit dem der Nazis vergleicht — dann meldet er sich bedenkentragend und versucht Druck auf die Justiz auszuüben. 

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, Herrn Köhlmeier in die Gruppe linker Gutmenschen einzureihen, er hätte ihn damit geliefert. Überflüssig zu bemerken, daß es eines solchen Beweises schon angesichts seines früheren Verhaltens nicht wirklich bedurft hätte ...

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Dazu passend und kaum zufällig ein Leserbrief an die SN am 5.April. Da bemüht sich eine Frau Mag. Widauer aus Wien XXI offenbar die meiste Unterrichtszeit in Geschichte, pol.Bildung, Ethik und Religion ihren Schülern beizubringen, dass es Worte gilbt, deren Verwendung ganz, ganz böse ist.

Die brave Lehrerin meint "Und dann verkündet Mölzer dreist, dass er an dem Wort "Neger" nichts findet" und stellt mit stolz erhobener Brust fest "Menschen wie er, die grundsätzliche Menschenrechte nicht akzeptieren, haben weder im Europaparlament noch in der österr. Politik etwas verloren". Klar dass sie hofft, dass er im Sinne des Antidiskriminierungsgesetzes angezeigt wird.

Ich habe Orwells "1984" wieder aus dem Bücherschrank geholt und werde gerne wieder über Newspeak und das Ministry of Truth lesen.

Wo finde ich übrigens die tägliche Liste der bösen Worte, die ich nicht mehr verwenden darf um nicht vor Gericht zu landen?? Muss ich da bei Frau Widauer den Unterricht besuchen?