Sonntag, 8. September 2013

Hilfe, wen kann man denn wählen? — Teil I

Im September 2013 gibt es sowohl in Deutschland wie auch in Österreich Parlamentswahlen. Aus letzterem Anlaß läßt »Die Presse« Oliver Pink (nomen est omen?) im Kaffesud lesen, und dieser wagt daher folgende Prognose für die österreichische Nationalratswahl am 29. September:
Noch 24 mal-schlafen, dann ist Nationalratswahl. Zeit also für eine erste Prognose. Meine erste Prognose.

Die SPÖ verliert leicht, bleibt aber mit relativ deutlichem Vorsprung auf Platz eins. Das Stammwählerpotential reicht dafür aus.

Die ÖVP verliert wesentlich stärker, bleibt aber auf Platz zwei. Spindelegger muss gehen. Mitterlehner wird Parteichef.

Die FPÖ gewinnt ein wenig hinzu. Für Platz zwei reicht es aber nicht.

Die Grünen erreichen das beste Ergebnis ihrer Geschichte, können die FPÖ aber nicht überholen.

Das Team Stronach holt irgendwas über 7 Prozent, bleibt aber hinter den Grünen. Die Neos kommen in den Nationalrat. Sie wären auch ohne Hans-Peter Haselsteiner hineingekommen. Er birgt möglicherweise die Gefahr, dass die bisher unangreifbaren Neos wegen Strabag-Schmiergeldvorwürfen angreifbar werden. Die Grünen werden darauf im Eigeninteresse nicht hinzuweisen vergessen.

Das BZÖ bleibt knapp, aber doch im Nationalrat. Vom letzten Mal sind 11 Prozent übrig, da sollten sich 4 Prozent irgendwie ausgehen. Allerdings: Von allen Tipps erscheint mir dieser am riskantesten. Wertgegenstände würde ich auf einen BZÖ-Wiedereinzug nicht verwetten.

Habe ich wen vergessen? Ja, die KPÖ. Sie schafft es wieder nicht. Und die Piraten - sie schaffen es auch nicht.
Nun, rosarot (bzw. pink) kann die Brille von Journalisten manchmal sein … die Realität wird — hoffentlich! — anders aussehen. Im Gegensatz zu Oliver Pink nicht mit Prophetengabe ausgestattet, wagt sich LePenseur nicht an solch detailreiche Ausmalung künftiger Kräfteverhältnisse. Ihn interessiert vielmehr, was so ein »Pink’sches Wahlergebnis« in der Praxis bedeuten könnte.

Nun, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Verlust der absoluten Mandatsmehrheit für die SPÖVP, und damit die Erweiterung der Koalitionszwillinge auf Koalitionsdrillinge. Und dafür gäbe es zwar theoretisch jede Menge Kandidaten, aber praktisch eben doch höchstens drei, aber genau genommen nur einen. Denn die FPÖ wird weder von der nach der Ära Schüssel von den Sozen handzahm gefütterten ÖVP an Bord geholt werden, noch von den Sozen selbst, weil da jede Menge mit einflußreichen Versorgungsposten versorgte Paddeigenossen wohl vor Schreck tot umfielen. Wird’s also net spielen.

Das BZÖ wird wohl auch nicht in Frage kommen, weil speziell die ÖVP, die ja vor ihrem Wahlfiasko von 2006 mit dem BZÖ eine Koalition bildete, die auch bei ihr bloß schlafenden (und zwar höchst unruhig schafenden Korruptions-)Hunde nicht wecken will. Bleiben also (wenn die pinke Prognose stimmen sollte) noch die NEOS, Stronach und die Grünen.

NEOS und Stronach sind Newcomer, denen eine »alterfahrene« Partei wie die SPÖVP wohl nicht sofort den Einstieg in die Regierung zutrauen wird. Zu unberechenbar wäre ihr Einfluß auf den täglichen mafiosen Filz bei Postenvergaben, Subventionen — überhaupt dem politischen Tauschhandel aller Sorten! Das Team Stronach hätte noch die zusätzliche Belastung, daß ihr allgewaltiger Chef, also Stronach himself, ohne den (und dessen Millionen) die Gruppe einfach inexistent wäre, sicher nicht in eine Regierungsfunktion gehen wird. Somit hätte man quasi eine Kolition mit einem Regierungspartner, dessen Parteichef ganz nach Gusto und halbwegs glaubwürdig zwischendurch auch auf Oppositionspolitiker schalten könnte, um Druck zu machen. Wird die SPÖVP net wollen.

Die NEOS wieder wären eine fußmarode Ansammlung von ehemaligen Liberal-Foris, ang’fressenen ehemaligen Jung-ÖVPlern und ein paar sonstigen linksliberalen Spinnern, denen die Kandidatur Haselsteiners auch nicht etwas wie Seriosität verleihen kann (v.a. wenn man dessen jüngst geäußerten Schnapsideen über 95% Steuersatz für »Superreiche« betrachtet). Will man, kann man mit so jemandem eine Koalition bilden? Ähem ... ...

Bleiben also die GünInnen. Diese sind mittlerweile hinreichend vom politischen Establishment (mit, teils als Staatsaufträge getarnten, teils offenen Subventionen an Unternehmen und Organisationen von GrünInnen — die Chorherr-Family, Langthaler & Co. sind da nur die Spitze des Eisbergs — korrumpiert worden, und in einigen Landesregierungen sowohl mit ÖVP als auch SPÖ verbandelt, daß die SPÖVP sich nach dem Motto »Geben wir denen ein paar Spielwiesen (wie: P.C.-Newspeak, Gender, Ökowahn & Co.), dafür lassen sie uns weiter ungestört um das Big Business mauscheln« mit einer Regierungsbeteiligung eines Dritten abfinden könnten. Womit der korruptive Niedergang unserer Republik noch um die ideologischen Daumenschrauben früher offen linksextremer Fanatiker, die ihre feuchten Träume von Planwirtschaft und Gesellschaftsveränderung jetzt endlich in »ökologischer« Tarnfarbe umsetzen wollen, verschärft würde.

Nun, welche Wählerstrategie könnte diese Entwicklung verhindern, oder wenigstens erschweren?

Jede Stimme für die SPÖVP ist eine für die Verlängerung des für die Politruks und ihr Gefolge — aber eben nur für diese! — profitablen, für den Staat jedoch ruinösen, zunehmend sklerotischen Selbstbedienungsladens genannt »Österreich«. Wer die wählt ist entweder selber schuld, oder er will damit bloß seine Schäfchen ins Trockene bringen.

Jede Stimme für die GrünInnen bewirkt letztlich exakt dasselbe. Und bringt zusätzlich noch eine herbe Note von pseudofortschrittlichem, spaßbremsig-oberlehrerhaftem Unfehlbarkeitsdünkel in unser Leben — als ob wir davon nicht ohnehin schon mehr als genug hätten …!

Auch eine Stimme für Stronach ändert an diesen unerfreulichen Konsequenzen wenig — es sei dann, Stronach schaffte am 29. September einen absolut fulminanten Wahlsieg, mit dem er die GrünInnen hinter sich läßt, und mit der FPÖ gleichzieht oder sogar auch diese überholt. Aber danach sieht’s nach den etwas, sag’ma mal: krausen Diskussionsmeldungen des greisen Polit-Newcomers nicht wirklich aus. ein Stimme für Stronach wäre außerdem zumeist keine Stimme für die FPÖ (oder das BZÖ), würde also nur die präsumptive Opposition zersplittern, ohne deshalb eine Oppositionspartei als Alternative zur Regierungskoalition herauszuheben.

Stimmen für NEOS (das freilich mit Vorbehalt gesagt!) und das BZÖ sind sicherlich nicht von vorneherein kontraproduktiv, können es aber werden, wenn die gewählte Liste den Einzug ins Parlament doch nicht schafft. Und das ist eben bei beiden durchaus möglich, und führte dazu, daß sich bei einem Scheitern beider Gruppen mit jeweils knapp unter 4% eine SPÖVP-Absolute doch noch ausgeht — und Österreich untergeht. Denn das wäre für Faymännchen & Spindi die ersehnte »Bestätigung«, mit der sie weitere fünf Jahre am Sessel kleben.

Wer diese Schrecklichkeiten mit einiger Erfolgsaussicht wenngleich nicht verhindern, so doch wenigstens minimieren will, wird wohl 2013 um eine Stimme für die FPÖ nicht herumkommen. Natürlich, wiss’ma, die sind nicht »liberal« — im rechten, will sagen: nicht linken Sinne des Wortes! — genug, aber sie sind es immer noch mehr, als die anderen (vielleicht mit Ausnahme des BZÖ, wenn sich dort Buchers Kurs durchsetzt, was noch nicht sicher ist). Und natürlich sind sie »populistisch« — so what?! Sind das die SPÖVP mit ihrer primitiven Klientel-Politik der Wahlversprechen, und die GrünInnen mit ihrem Appell ans linke Spießertum der selbsternannten »Guten« nicht ebenso?Nur eben in anderen Populationen ...

Und natürlich gibt es »Ewiggestrign« in der FPÖ, aber die gibt’s ebenso (und in weitaus entscheidenderer Position!) bei den GrünInnen und Sozen — oder sind marxistische Alt68er etwa weniger »ewiggestrig« als Nazi-Nostalgiker? Und es gibt sie wohl auch bei der ÖVP, die ja immer auch noch ein paar »christlich-soziale« Tradi-Katholen anzieht. Diese Fossilien sind doch in Wahrheit sowas von wurtscht … werden aber vom Rotfunk und den sonstigen Systemmedien bei der FPÖ thematisiert. Warum wohl?

Sicherlich: es gibt auch in der FPÖ genug (nein: zu viele!) Sozen. Aber die gibt es inzwischen in jeder Partei im Nationalrat: in der SPÖ sowieso, in der ÖVP aber genauso (das »Her mit dem Zaster!« dieser Prölletin ist uns allen ebenso im Ohr, wie die gewerkschaftlichen Rülpser dieses unsäglichen Herrn Neugebauer), von den Grünen nicht zu reden. Die im Vergleich wenigsten Staatsparasiten sind eigentlich noch immer in der FPÖ-Fraktion zu finden — man sehe sich doch einmal die Berufskarrieren der NR-Abgeordneten an!

Das Vorstehende macht aus der FPÖ sicherlich noch keine Partei, für die man mit vehementer Begeisterung stimmen müßte — aber im Vergleich mit den Blockparteien »SPÖVP + Grüne« gibt es keinerlei Grund, über jene schlechter zu denken, als über diese.Aber doch einige, über sie besser zu denken.

Daß »dank« Stronach (aber nicht nur deshalb) das BZÖ vielleicht bald der Geschichte angehören wird, und ebenso die politisch korrekten Jungs & Mädels der NEOS ihre höchst lauwarme Neuauflage des LiF ab Ende September wohl nur außerparlamentarisch werden weiterpflegen können, dafür aber eine konturlose Protestpartei mit einem Uralt-Spitzenkandidaten für weitere fünf Jahre »Systemstabilisierung« sorgt — ganz im Sinne der Großkoalitionäre (die freilich längst nicht mehr »groß« sind, sondern bestenfalls knapp über der Mandatsmehrheit notieren werden) — ist eigentlich eine Ironie (oder sollte man sagen: ein Treppenwitz?) der Geschichte.

Die Pointe, die dafür irgendwann serviert werden wird, dürfte uns freilich im Hals steckenbleiben …

2 Kommentare:

Arminius hat gesagt…

Wer am 29. September seine Stimme in Deutschland abgeben will, wird beim Betreten des Wahllokales ein kleines Problem haben.

Le Penseur hat gesagt…

@Arminius:

Ooops! Habe den Lapsus bereits getilgt. Völlig richtig: am 29.9. ginge nur in Österreich ...