Mittwoch, 29. Mai 2013

»Wie viel Haft ist einer liberalen Gesellschaft zumutbar?«

... fragt sich »Presse«-Redakteur Oliver Pink. Nun: mit so einem Vor- und Nachnamen ausgestattet, ist man für penetrante Gutmenschlichkeit eigentlich prädestiniert (etwa so, wie die »Kevins« oder »Jessicas« für bildungsfernes Prekariat stehen), und daß »Die Presse« schon seit Jahren (wenigstens seit Unterbergers Weggang) bestenfalls ein pseudobürgerliches Blatt genannt werden kann, darf als bekannt vorausgesetzt werden.

Die Leserschaft hat diesen erst verhohlenen, nun längst unverhohlenen Wechsel in die Pink/Grün-Fraktion freilich nur sehr teilweise mitgemacht (wer nämlich derlei linkes Gesülz lesen will, der abonniert sowieso die lachsrosa Postille »Standard«, oder entfaltet den »Falter«), und delektiert sich daher nur schaumgebremst an Pinks Auslassungen:
Traditionell zeigt sich in der Justizpolitik – im Gegensatz zur Wirtschaftspolitik – ja die liberale Seite der Sozialdemokratie. Dass Sozialismus und persönliche Freiheit nicht miteinander vereinbar seien, wie vom großen liberalen Denker Friedrich August von Hayek postuliert, stimmt für diesen Bereich nicht (wobei er eher den kommunistischen Sozialismus und weniger den sozialdemokratischen vor Augen hatte).

Die Abschaffung der Haftstrafe für Homosexuelle, die Beendigung der gesetzlichen Abhängigkeit der Frau von ihrem Mann waren wesentliche Teile der Justizreform unter Bruno Kreisky. Dass diese von einem ehemaligen Kommunisten, Christian Broda, als Justizminister verantwortet wurden, ist wieder eine andere Geschichte.

Dass man es aber auch übertreiben kann, zeigt ein anderer Punkt aus dem geplanten SPÖ-Justizprogramm: Strafrechtlich verfolgt werden soll künftig nur noch „Suchtgifthandel in größerem Ausmaß“. Was immer das dann konkret bedeuten mag, problematisch ist es auf jeden Fall, wenn „Suchgifthandel in kleinerem Ausmaß“ straffrei bleibt. Der Staat sollte in Sachen Drogenprävention und -bekämpfung nicht kampflos das Feld räumen. Hier wäre ein Zurückpfeifen Jarolims eher angebracht.
Die »liberale Seite der Sozialdemokratie«? Oliver Pink beliebt zu scherzen! Ein Kommentarposter bringt sein Unverständnis für derlei Roßtäuscherei recht unverblümt auf den Punkt:
Einerseits verschärft man das Strafrecht, in dem Meinungsdelikte (Verhetzung) unter das Strafrecht fallen, andererseits will man max. 20 Jahre für Mörder.

Und das nennen Sie liberal, Herr Redakteur? Das ist Ideologie pure. Liberal wäre es, wenn man vor allem der Meinungsfreiheit breiteren Raum geben würde, wenn auf Ballveranstaltungen, die einem nicht passen, ohne Gewalt gefeiert werden könnte, wenn man jede Religion kritisieren dürfte....... Fehlanzeige, im Sinne der political correctness werden mittlerweile sogar Worte an den Pranger gestellt.

Das Gutmenschentum verlangt nach Verringerung der Strafe für Mörder und passt daher in dieses Bild. Der eigene Ideologie soll möglichst liberal begegnet werden, alles andere wird bis zum Exzess verfolgt.

Das ist totalitär, nicht liberal.
Und was, bitteschön, wäre bezüglich des Suchtgiftstrafrechts an einem »Zurückpfeifen Jarolims eher angebracht«?
Klassischen Liberalismus erwähnen, F. A. Hayek (auf recht bizarre Weise) missverstehen und dann den Artikel mit diesem Statement beenden: "Der Staat sollte in Sachen Drogenprävention und -bekämpfung nicht kampflos das Feld räumen."

Das ist moderner, "bürgerlicher" Liberalismus, ja?
... fragt ein Poster angebracht süffisant zurück. Denn gerade bei »Drogendelikten« (also klassischen »non victim crimes«, wenigstens soweit geschäftsfähige Erwachsene betroffen sind!) gäbe es eigentlich nur eine liberale Antwort: völlige Freigabe! Denn solange Selbstmord nicht strafrechtlich verboten ist (und das ist er nicht!), dann muß es auch egal sein, ob ihn jemand mit Pistole im Mund, Schlaftabletten oder Heroinspritze vollzieht (im Gegenzug muß natürlich auch klargestellt werden, daß Krankheiten infolge Drogenkonsums das Privatvergnügen des Betreffenden darstellen und nicht aus öffentlichen Kassen berappt werden)!

Und auch die im Titel gestellte Frage Oliver Pinks schließlich erhält die passende Rückfrage eines »Presse«-Posters:
Wieviel Tod ist einem Opfer zuzumuten? 5 Jahre, 10 Jahre, 20 Jahre oder gar ewig?

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

„Wieviel Tod ist einem Opfer zuzumuten? 5 Jahre, 10 Jahre, 20 Jahre oder gar ewig?" Genial! Danke für das Zitat.

Arminius hat gesagt…

Man muß da etwas differenzieren:

Wenn das Opfer eine scheißdeutsche Kartoffel ist und der Messerstecher einer südländischen Herrenrasse angehört, dann ist selbst ein böses Du Du Du nicht zu rechtfertigen.

Etwas anders sieht das natürlich aus, wenn die Rollen vertauscht sind. Dann muß man selbstverständlich von einem rechtsextremen Hintergrund ausgehen ...

Der Heide hat gesagt…

Als ich das ganze Zeug um das SP-Justizprogramm gestern las, hat es mich auch so "amüsiert". Die Debatte um die Abschaffung lebenslanger Haft kennt man ja bereits. Gut auch das, was man dbzgl. bei Tante »Presse« findet:

»Denn es lasse sich aus Studien ableiten, dass strenge Sanktionen keinen Rückgang der Kriminalität bewirken.«

Natürlich nicht, vor allem keinen kontinuierlichen allgemeinen Rückgang, sonst gäbe es inzwischen nämlich keinerlei Kriminalität mehr und trotzdem können (auch entsprechend schwere) Strafen individualpräventiv ganz wunderbar wirken, was durchaus nicht zu verachten ist. Abgesehen davon ist Vergeltung immer noch ein Strafzweck (hab das vor einiger Zeit den stärker religiös konnotierten Ausdruck der »Sühne« gebraucht), auch, wenn das gerne von interessierter Seite unter den Teppich gekehrt wird – zumindest wenn ihre Liebkinder von Strafmaßnahmen betroffen sind. Denn ansonsten vergelten es einem dieselben Herrschaften – die davon ja eigentlich nichts wissen wollen – mindestens bis ins siebte Glied ...