Mittwoch, 22. Juni 2011

Aufsteigen? Sitzenbleiben!

Die »Partei der Leistungsträger« hat jetzt beschlossen, daß künftig ein Aufsteigen auch mit drei Fünfern*) möglich ist. Warum gerade mit drei? Wer will's wissen ...

Zu meinen Schulzeiten (lang, lang ist's her), durfte man mit einem Fünfer im Jahreszeugnis im Herbst vor dem Beginn des neuen Schuljahres zu einer sogenannten »Nachprüfung« antreten (schülersprachlich »Nachzipf« genannt), bei deren Bestehen man aufsteigen durfte. Mit zwei Fünfern war's vorbei: sitzengeblieben!

Dann wurde das auf zwei Fünfer ausgedehnt, man mußte eine Nachprüfung auch nicht unbedingt positiv ablegen, jetzt soll's also auch mit drei Fünfern weitergehen. Was kommt demnächst? Aufsteigen, solange die Nichtgenügend nicht mehr als 50% der Noten ausmachen? Aufsteigen, solange der Notendurchschnitt die Marke 4,5% (kaufmännisch gerechnet) nicht übersteigt (und wenn, dann substituiert die eigenhändige — d.h. nur unter Zuhilfenahme eines Taschenrechners, versteht sich! — Berechnung des Notendurchschnitts durch den Schüler einen allfällig unzureichenden Notendurchschnitt)? Oder warum nicht gleich die Noten abschaffen?

Die ÖVP wird jedenfalls wissen, warum sie das vertritt. Und wir anderen können es wohl ahnen: mit der Herabsetzung des Wahlalters kommen immer mehr Schüler in den »Genuß« des Wahlrechts. Und die werden wohl dankbar für jede Marscherleichterung in Richtung Studium sein — und dann (so das mumaßliche Kalkül der ÖVP) schön brav ihr Kreuzerl bei der Partei der Leistungsträger machen. Damit die ÖVP sitzenbleibt. In ihren Pfründen.

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*) Für Leser aus Piefkonistan: die alpenländische Note »Fünf« — recte »Nicht genügend« — entspricht der »Sechs« in den deutschen Flachlanden.

5 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Piefkonistan wird diese Innovation dankend nachvollziehen. "Dumme Wähler" braucht das Land LOL

Der Wiener Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch hat gesagt…

"Die Faulheit von Schülern würde keineswegs gefördert, wenn sie mit drei Fünfern in die nächste Klasse aufsteigen können... Ich halte das für dringend notwendig. Sitzenbleiben ist volkswirtschaftlicher und bildungspolitischer Unsinn. Das weiß ich deshalb, weil ich es selber gemacht habe."

Die Anmerkung hat gesagt…

Zu meiner Zeit, in Ostpiefkonistan, gings auch nur bis zur 5. Die Regeln waren die ähnlich, nur daß man nach der 8. Klasse abtreten und in die Lehre gehen konnte. Es gab wohl etliche, die das bevorzugt haben, weil sie eben Fingerfertigkeit hatten statt Maulhelden waren.

CK hat gesagt…

„Oder warum nicht gleich die Noten abschaffen?“

@LePenseur: Sie haben das selbstverständlich sarkastisch gemeint, aber genau das ist in Luxemburg bereits Realität. Jedenfalls in der Grundschule, in der Sekundarschule soll das neue unsinnige System nun aber auch bald eingeführt werden. Das alte Notensystem war anscheinend zu simpel, daher gibt es nun ein komplexes mehrschichtiges Bewertungssystem (wo der Lehrer ganze Romane über jeden einzelnen Schüler schreiben soll, die dann aber kaum jemand wohl wirklich versteht, wobei zudem noch drauf geachtet werden soll, alles positiv auszudrücken, auch dort wo die Schwächen des Schülers beschrieben werden, schließlich soll niemand verletzt werden…)

Hausaufgaben wurden komplett abgeschafft (kann man den heute zu zweit berufstätigen Eltern ja nicht mehr zumuten, sich auch noch um so was zu kümmern). Durchfallen tut auch niemand mehr, der Lehrer gibt nur noch Empfehlungen bzgl. Aufsteigen oder Wiederholen ab. Na klar werden die meisten Eltern bei einer negativen Empfehlung ihr Kind die Stufe vernünftigerweise wiederholen lassen… Selten so gelacht.

Bereits zu meiner Zeit fiel es mit Verwässerungen an, wie Sie sie oben beschreiben (immer mehr Kompensationsmöglichkeiten für ungenügende Noten in einzelnen Fächern), nun sind wir aber mittlerweile bei der kompletten Zerstörung der Bildung angelangt.

Weite Teile der Lehrer (darunter ALLE mir bekannten), deren eher konservative, sprich leistungsorientierten Gewerkschaften (die zu Recht drauf hinweisen, dass Schüler nicht früh genug mit dem Leistungsprinzip konfrontiert werden können) und die ich in diesem Fall auch bedingungslos unterstütze (Liberale sollten eh Gewerkschaften nicht immer nur als Feinde betrachten) und auch manche vernünftigen Eltern sind schockiert. Aber was soll man tun um seine Kinder vor dieser irrsinnigen Politik zu schützen? Selbst die wenigen Privatschulen sind komplett staatlich kontrolliert und die rote Ministerin will noch mehr Zentralismus und Gleichmacherei (nächste Idee: Gesamtschulen). Ein Entkommen gibt es nicht.

Leider gibt es sicher viele Eltern, die sich nie hätten fortpflanzen dürfen und erziehungstechnisch komplett versagen, die das alles vermutlich noch toll finden. Hauptsache der BMW kann abbezahlt werden. Derweil gibt es immer mehr verhaltensgestörte Kinder, die sich wie kleine Tyrannen aufführen. Ich hab wirklich die Schnauze voll!

(Und mein Kopf hämmert grad wild, zuviel Alkohol am Vorabend des Nationalfeiertags sei Dank :D)

Anonym hat gesagt…

Solcherlei "segensereiche Modernisierungen" dürften bei uns in Piefkonistan sicherlich aus dem Norden herunter diffundieren. Denn bei uns ist der Norden ja noch viel "progressiver" als der Süden. Da oben sitzen die OberedelmenschInnen. - Super "tolerant", "liberal", weltoffen", "engagiert", "pfiffig", "helle", "fix","ökologisch bewusst", "überlegen", einfach das genaue Gegenteil vom z. B. dem "Bayann". Letzterer gilt als ein ewiggestriger, reaktionärer, dumpfer, spiessiger, plumper, retardierter, begriffsstutziger, sturer und hässlicher Depp. - Der käme nie auf solche "bahnbrechenden Ideen".
Daher müssen die preissischen Kolonialherren in Süddeutschland bestimmt wieder ihre Medienmacht spielen lassen, bis solch "genialer Fortschritt" auch im "schwarzen Bayann" endlich akzeptiert wird.